Herr Walther von der Vogelweide

Frô Werlt, ir sult dem wirte sagen - Deutsche

– Herr Walther
Frau Welt, Ihr sollt dem Wirte sagen, dass ich ihm
alles abgegolten habe, meine übergroße Schuld ist
abgetragen, so dass er mich aus dem Schuldbrief
schaben kann. Wer immer ihm etwas schuldet,
der hat wohl Grund besorgt zu sein:
Eh ich ihm lange verschuldet wäre,
wollte ich eher bei einem Juden borgen.
Er schweigt bis zu dem gewissen einen Tag,
dann will er ein Pfand haben,
wenn jener nicht bezahlen kann.

– Frau Welt
"Walther, Du zürnst ohne Grund,
Du sollst hier bei mir bleiben.
Denke daran, was ich Dir an Ehren geboten habe,
wie ich Dir nach deinem Wunsch gestattete,
sooft Du mich sehr darum gebeten hast.
Mir war es gar herzlich leid,
dass Du es stets so selten getan hast.
Bedenke, Dein Leben ist gut.
Falls Du mir wirklich abschwörst,
so wirst Du nie mehr wohlgemut sein."

– Herr Walther
Frau Welt, ich habe zu viel genossen,
ich will mich entwöhnen, dafür ist es Zeit.
Deine Zärtlichkeit hat mich beinahe verblendet,
da sie viel süße Freuden gibt.
Als ich Dir grade in die Augen blickte,
da war Deine Schönheit wunderbar
anzusehen – ganz ohne Zweifel.
Doch war es gar zu viel des Schändlichen,
als ich Deiner Rückseite gewahr wurde,
so dass ich Dich immer schmähen werde.

– Frau Welt

"Da ich dich nicht umstimmen kann,
so tue doch eines, um das ich bitte:
denke an manch einen heiteren Tag
und schaue doch bisweilen vorbei,

– Herr Walther
Das würde ich wirklich überaus gerne tun,
wenn ich nicht Deinen Hinterhalt fürchtete,
vor dem sich niemand bewahren kann.
Gott gebe Euch, Herrin, eine gute Nacht,
ich will mich zur Herberge aufmachen.


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